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Verantwortung

Uns retten nur geschlossene Kreisläufe

Dirk Steffens, Nachhaltigkeitsexperte und „Biodiversitäts-Botschafter der deutschen Entwicklungspolitik“, im Interview zum Thema Mülltrennung.

Viele Menschen bevorzugen recycelte Produkte, sind bei der eigenen Mülltrennung aber oft nicht konsequent. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

Der Mensch ist dem Menschen das größte Rätsel. Wahrscheinlich liegt die Antwort eher in der Psychologie als in praktischen Gründen. Obwohl es die natürlich auch gibt: Zum einen ist die Glaubwürdigkeit unseres Entsorgungssystems noch ausbaufähig. Die Berichte über mühsam getrennten Müll, der am Ende in der Müllverbrennungsanlage wieder zusammengekippt wird, sind frustrierend, auch wenn die Realität gar nicht so schlimm ist.

Und auch die Infos zum Trennen selbst sind verwirrend: Ist der Joghurtbecher wirklich nur recycelbar, wenn man die Alufolie vorher abreißt? Was gehört nun eigentlich in den gelben Sack und was nicht? Ich bin da auch oft nicht sicher. Aber Bequemlichkeit ist wohl die wichtigste Ursache. Um es mal weniger poetisch als am Anfang zu sagen: Wir denken schlau und handeln blöd. So sind wir. Leider.

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Tonnen Müll pro Jahr

Wie wichtig ist Mülltrennung mit Blick auf Umwelt und Ressourcen?

Um es mal ganz groß zu formulieren: Am Ende können wir auf der Erde nur überleben, wenn wir nicht mehr Ressourcen verbrauchen, als der Planet uns bereitstellen kann. Zurzeit verbrauchen wir aber die Ressourcen von ungefähr 1,7 Planeten Erde. Das kann nicht lange gutgehen. Wir verbrauchen zu viel Öl, zu viel Kohle, zu viel Kobalt, zu viel Wasser, zu viel Sand, zu viel von allem. Auf der Erde wird ja inzwischen sogar schon die Erde knapp, weil wir durch unkluge Bewirtschaftungstechniken jedes Jahr Milliarden Tonnen verlieren. Auf Dauer retten uns nur geschlossene Kreisläufe. Was wir verbrauchen, muss entweder in gleichem Maße nachwachsen oder wir müssen alles wiederverwerten, weil die Erde keinen Nachschub mehr liefern kann. Das ist alternativlos.

Dirk Steffens ist ein mehrfach ausgezeichneter Wissenschaftsjournalist, TV-Moderator und Experte für Nachhaltigkeit.

Immer mehr Produkte haben auf der Verpackung einen Recycling-Hinweis. An welchen Stellen hilft dieser beim richtigen Entsorgen?

Der hilft überall, denn wer weiß schon, ob sein Plastikmüll aus PET, PVC, einem anderen Kunststoff oder aus Mischmaterialen ist? Ob das Taschentuch Altpapier oder Restmüll ist? Klare Hinweise auf den Verpackungen helfen. Und, ohne jetzt zu viel loben zu wollen: Der EDEKA-Recycling-Ratgeber, der auf den Eigenmarken aufgedruckt wird, hilft mir persönlich manchmal wirklich weiter. Denn da steht eindeutig und leicht verständlich drauf, wo mein Müll hin muss.

An welchen Stellen im Alltag lässt sich Müll ohne großen Aufwand komplett vermeiden?

Bei Obst und Gemüse, beim Bäcker, beim Coffee-to-go und auch an vielen anderen Stellen: Einfach die Müllmenge auf null reduzieren, indem man eigene Behälter mitbringt. Kostet nichts, funktioniert sofort und macht Sinn.Gerade Schokolade und Kaffee sind Produkte, die lange Transportwege zurücklegen bis sie in unseren Märkten landen. Gibt es hier bereits Positiv-Beispiele für eine nachhaltige Lieferkette?