"Jedes Öko-Siegel ist besser als gar keins.“
Wissenschaftsjournalist und TV-Moderator Dirk Steffens erklärt, wie man beim Drogerie-Einkauf auf Nachhaltigkeit achten kann.
Wie kann ich meinen Drogerie-Einkauf nachhaltiger gestalten?
Dirk Steffens: Viele Kosmetik- und Reinigungsprodukte werden mittlerweile in Verpackungen aus recycelten Materialien oder in Nachfüllpacks verkauft. Ich benutze zum Beispiel seit Langem nur noch Festshampoos. Noch wichtiger ist aber natürlich der Inhalt: Umweltsiegel helfen einem dabei, biologisch abbaubare Produkte zu erkennen. Und Kosmetikartikel kaufe ich, wenn möglich, ohne Mikroplastik-Anteil. Mit ein bisschen Öko-Bewusstsein kann der Drogerie-Einkauf ein echter Beitrag zum Umweltschutz sein.
Wie kann ich beim Einkaufen den Arten-, Klima-, Ressourcen- und Süßwasserschutz berücksichtigen?
Alles, was etwa Palmöl aus nicht zertifiziertem Anbau enthält, ist schlecht für den Regenwald in Indonesien, wo die bedrohten Orang-Utans leben. Vorratspackungen machen bei gleicher Produktmenge weniger Müll als mehrere kleine Einheiten. Und ich habe nie verstanden, warum Küchentücher und Klopapier nach Veilchen duften, schneeweiß oder mit Motiven bedruckt sein müssen. Wenn wir uns klarmachen, was wir mit Toilettenpapier am Ende machen, ist die Idee, dafür Wälder abzuholzen, doch wirklich für den Arsch. Sorry. Schließlich ist die globale Abholzung für den Arten-, Klima- und Ressourcenschutz eines der größten Probleme. Umweltschutz beginnt auf dem Klo. Oder endet dort.
Warum sind vegane Produkte besser für die Umwelt?
Weil sie bei der Produktion viel weniger Fläche als tierische Alternativen benötigen. Das liegt einfach daran, dass Tiere ja auch Pflanzen fressen müssen, um zu wachsen. Die Energie aus dem Boden muss dann also erst in Pflanzen, dann in Tiere und dann in Drogerieprodukte umgewandelt werden. Und in der Natur geht bei solchen Umwandlungen immer sehr viel Energie verloren. Weit mehr als die Hälfte aller Ackerflächen auf der Welt wird bereits nicht mehr genutzt, um Essen für Menschen herzustellen, sondern um Futter für Tiere anzubauen. Und wegen der schlechten Energiebilanz von Fleisch und anderen tierischen Produkten brauchen wir dann viel mehr Fläche. Davon haben wir auf der Erde aber nicht mehr genug. Durch Erosion gehen jedes Jahr schätzungsweise 10 Millionen Hektar Ackerfläche verloren. Auf der Erde wird die Erde knapp! Mehr vegane Produkte können helfen, dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Was sagt das Siegel „Mikroplastikfrei“ aus und warum ist dieses relevant?
Produkte ohne Mikroplastik sollten meiner Meinung nach Pflicht sein, zumindest dort, wo das technisch und qualitativ passt. Als Mikroplastik bezeichnet man die synthetischen Polymere, also Kunststoffteilchen, die zwischen 1.000 Nanometer und 5 Millimeter klein sind. Also zu klein, um sie aus der Umwelt irgendwie wieder rauszusammeln. Sind die erst mal in der Natur, dann bleiben die da. Fast für immer. Und werden von Tieren gefressen oder zu Nanoplastik zersetzt, das dann noch leichter in unsere Körper gelangt. Plastik regnet vom Himmel, wir atmen es ein und jeder und jede von uns hat das Zeug inzwischen im eigenen Körper. Das ist furchteinflößend. Und deshalb gilt: Je weniger wir produzieren und wegschmeißen, desto besser. Jedes Gramm zählt.
Welche Vorteile hat Naturkosmetik verglichen mit klassischer Kosmetik?
Bei dieser Frage muss ich zugeben: Kosmetik ist jetzt wirklich nicht meine Alltagskompetenz. Ich benutze festes Shampoo, eine simple Creme und ein Deodorant. Das war’s. Aber vielleicht ist das schon mal ein erster Tipp: Weniger ist manchmal mehr. Sich jeden Tag von Kopf bis Fuß dick einzuschäumen, macht vielleicht für jemanden Sinn, der im Bergwerk Kohle abbaut, aber für uns Normalos reichen auch mal eine Wasserdusche oder der punktuelle Einsatz von Kosmetikprodukten. Ansonsten ist es sinnvoll, Kosmetik ohne Mikroplastikbestandteile zu nutzen. Die können etwa in Peelings, Shampoo, Lippenstift oder Make-up stecken. Über die Vorteile veganer Produkte haben wir ja schon gesprochen. Und auch über die Verpackungen. Die sind ja insbesondere bei Kosmetikprodukten, die der Schönheit dienen sollen, manchmal absurd groß. Da haben wir als Kunden viel Einfluss: Was wir nicht kaufen, wird auch nicht mehr hergestellt.
Umwelt-Siegel helfen einem dabei, biologisch abbaubare Produkte zu erkennen.
Nicht nur bei der Produktion von Waren entstehen Treibhausgase, sondern auch bei der Rohstoffgewinnung, der Lage-rung oder dem Transport. Wie erkenne ich Drogerieprodukte mit geringem CO2-Fußabdruck?
Es gibt Gütesiegel für Kosmetik, Hygieneartikel sowie Wasch- und Reinigungsmittel, die anzeigen sollen, wie nachhaltig, also auch klimafreundlich, Produkte sind. Das Problem dabei: Es gibt Dutzende solcher Siegel und ich kann auch nicht immer sagen, welches davon etwas taugt und welches nicht. Davon dürfen wir uns aber nicht frustrieren lassen. Bis die Industrie, der Handel und natürlich die Politik den Gütesiegel-Dschungel für uns lüften, brauchen wir einfach anwendbare, praxistaugliche Faustregeln. Meine lautet: Auch wenn ich nicht immer weiß, was genau es bedeutet: Jedes Öko-Siegel ist besser als gar keins.