Menü
Verantwortung

Was ist überhaupt "bio"?

Besser fürs Klima, besser für die Umwelt und einfach lecker: Bio-Produkte sind grundsätzlich eine gute Wahl. Warum das so ist und was beim Einkauf zu beachten ist, erklärt Nachhaltigkeitsexperte Dirk Steffens im Interview.

Wann ist ein Produkt „bio“?

Dirk Steffens: Wenn es ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Gentechnik hergestellt wurde. In der Tierhaltung darf zudem nur ökologisches Futter zum Einsatz kommen, das nicht genmanipuliert ist, und es ist streng geregelt, wie viele Tiere auf einer bestimmten Fläche gehalten werden dürfen. Die Bezeichnungen „bio“ oder „öko“ sind auch rechtlich geschützt und dürfen nur verwendet werden, wenn Nahrungsmittel nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung hergestellt wurden. Die große Anzahl an Bio-Siegeln ist dabei leider verwirrend. Aber was sie alle eint: Es gibt Kriterien, die erfüllt werden müssen, um das Siegel zu bekommen. Diese Kriterien können, je nachdem wer es vergibt, jedoch unterschiedlich streng sein.

Dirk Steffens - Der Wissenschaftsjournalist und TV-Moderator engagiert sich seit Jahren für die Umwelt. Als Profi für Nachhaltigkeit berät er u.a. auch EDEKA.

Was spricht generell für „Bio“-Produkte?

Da sie bestimmte ökologische Kriterien erfüllen müssen, leisten alle Bio-Produkte einen Beitrag, unser Klima zu schützen, die Böden zu erhalten, das Artensterben zu begrenzen und am Ende machen sie dadurch uns und die Welt ein bisschen gesünder. Dauerhaft müssen auf einem Planeten mit bald 10 Milliarden Menschen und aktuell dramatischen Umweltproblemen natürlich alle Lebensmittel zu „Bio“-Produkten werden. Sonst, so eine Studie der Vereinten Nationen, könnte die Nahrungsproduktion zusammenbrechen. Noch 60 Ernten, dann sei Schluss, heißt es da – aber nur, wenn sich nichts ändert. Und „Bio“-Produkte sind eben genau diese lebensnotwendige Veränderung. Sie sind die Zukunft.

Gibt es auch Nachteile?

In einigen Fällen ist die Produktivität geringer, was ein Problem darstellen kann, wenn es gilt, 10 Milliarden Menschen satt zu machen. Manchmal werden größere Flächen kultiviert, was dann Nachteile für den Artenschutz mit sich bringen kann, der ja auf Wildnisflächen angewiesen ist. Und die Herstellungskosten sind natürlich etwas höher, was soziale Fragen aufwirft. Insgesamt überwiegen meiner Überzeugung nach die Vorteile aber bei Weitem.



Bio Produkte

Inwieweit sind Bio-Produkte nachhaltiger?

Weil weniger Chemie eingesetzt wird, steigt die Artenvielfalt im ländlichen Raum. Die Böden werden weniger stark belastet, was entscheidend ist, weil sie die Grundlage des Lebens sind. Zumindest für alles, was nicht im Meer zu Hause ist. Das Grundwasser wird durch nachhaltige Landwirtschaft weniger stark belastet. Und weil der intensive Einsatz von Kunstdünger und die Massentierhaltung enorm viel Treibhausgas mit sich bringen, schont Bio das Klima.

Sollte man besser auf Regionalität und Saisonalität oder auf Bio achten?

Das ist erst mal kein entweder oder. Viele Bio-Produkte sind saisonal und regional zu haben. Ich habe bei meinen persönlichen Einkäufen ein Ranking im Kopf: Am besten Bio aus der Region. Dann Bio allgemein, dann saisonal-regional, dann konventionell. Aber ich sündige auch: Avocados, auch Bio-Avocados, brauchen viel Wasser und sind nie regional. Tomaten im Winter auch nicht. Aber darauf verzichten kann und will ich nicht. Essen soll vor allem schmecken und Spaß machen, also sollten wir beim Einkauf nicht zu Nahrungs-Ideologen werden.

Wann ist Regionalität besser als Bio?

Komplizierte Sache. Ein Beispiel: Äpfel aus der Region, im Herbst frisch geerntet, haben zunächst wohl eine bessere Klimabilanz als ein Bio-Apfel aus Neuseeland. Aber je länger die Ernte zurückliegt, desto länger muss der heimische Apfel im energiefressenden Kühlhaus liegen. Das ist schlecht fürs Klima. Und wenn dann in unserem Frühling in Neuseeland Erntezeit ist, kann der Apfel vom anderen Ende der Welt plötzlich besser dastehen, weil Transport im Vergleich zur Produktion und zur Kühlung klimamäßig viel weniger zu Buche schlägt. Er macht nur etwa fünf Prozent aus. Deshalb kippt der Vergleich irgendwann. Man muss also immer ein bisschen mitdenken, weil da so viele Variablen im Spiel sind. Aber es gibt einen Trost: Die Bio-Tomate aus Marokko ist das ganze Jahr über besser als die Nicht-Bio-Tomate aus Marokko.

Eine Kombination aus bio, regional und saisonal ist die beste Wahl – aber geht das auch immer?

Das geht immer. Bio geht immer. Und es ist auch immer sinnvoll, weil etwas besser immer besser ist als schlecht.